[HBF] Eiweißbittere

Hubert HANGHOFER hubert at netbeer.org
Mi Apr 20 00:17:53 CEST 2011


Hallo Hartmut,

breite, oft als gallig empfundene Eiweißbittere kommt von längerkettigen 
Eiweißmolekülen, die unsere Geschmacksrezeptoren belegen. Hat mit 
mangelnder Eiweißausscheidung zu tun - entweder beim Würzekochen 
(scheint bei Dir nicht der Fall zu sein) oder durch zu geringen pH-Sturz 
während der Gärung. Möglicherweise könnte auch autolysierende 
(abgestorbene, sich zersetzende) Hefe solche Geschmackskomponenten 
beisteuern - in diesem Fall geht auch meist der Schaum "in die Knie".

Kannst Du den pH des fertigen Bieres prüfen oder prüfen lassen? Sollte 
beim untergärigen Pils ca. 4,4 - 4,6 sein - wenn er zu hoch ist, war 
vermutlich die Eiweißausscheidung während der Gärung zu gering. Mögliche 
Gründe - Wasser härter bzw. Maische stärker "gepuffert" als erwartet? 
Falls sich die Annahme bestätigt, solltest Du den pH Verlauf 
kontrollieren beim Maischen (opt. 5,4), Würzekochen (5,2) und im 
fertigen Bier.

Nebenbei bemerkt beobachte ich sowas häufig bei unseren 
Ösi-Zwickelbieren. Die meisten Industriebrauer (bzw. deren 
Werbeabteilungen) vertreten die Meinung, ein unfiltriertes Bier MUSS 
trüb sein. Mit Hefe lässt sich keine dauerhafte Trübung einstellen und 
wie soll man dem unbedarften Kunden erklären, dass ein ordentlich 
gebrautes Bier sich auf natürliche Weise klärt und dabei trotzdem noch 
alle Wertstoffe (Kolloide) enthält? -Also greift man zu drastischen 
Methoden und setzt dem Untergärigen irrsinnig hohe Anteile Weizenmalz zu 
(dem Vernehmen nach bis über 50%), um eine stabile Eiweißtrübung zu 
erhalten. Das schmeckt dann alles andere als Lager-Like und führt häufig 
zu einem sättigenden breiten Abgang und bei schlechter, warmer Lagerung 
im Laden sogar bis hin zu galliger Bittere. Obergärig (Weizenbiere) 
dürfte dies deshalb kein Problem sein, weil der pH Sturz während der 
Gärung größer bzw. der pH im fertigen Bier niedriger ist.

Allzeit gut Sud
Hubert Hanghofer

Am 2011-04-19 21:54, schrieb Hartmut Laube:
> Servus Miteinander! Ich brauche eure Hilfe.
>
> Was ist bitte Eiweißbittere?
> Ich habe mein erstes Pils des Lebens gebraut, 3 mal hintereinander. Und
> weil's schön nach Aromahopfen schmecken soll, auch entsprechend satt
> gehopft.
> 3 mal hatte dieses Bier eine ganz unangenehm nachhängende Bittere die mit
> Hopfenbittere nix zu tun hat. Bitterhopfen war Taurus. Aromahopfen Saphir.
> Jetzt habe ich das Wort Eiweißbittere gehört, kann das bei mir eingetreten
> sein? Was ist das überhaupt? Aber was hab ich falsch gemacht? Wasser
> Restalkalität auf 0,33 eingestellt, 52°C 10 min, 63°C 30 min, 68°C 15 min,
> 72°C 10 min, 78°C abmaischen. Errechnete Bittereinheiten 33, Kochzeit 70
> min. Durch den niedrigen Alphawert bei Aromahopfen hat man natürlich einen
> Haufen Hopfentrub, und nach dem Whirlpool läuft der Hopfenkegel sehr breit
> auseinander, so das man nicht die ganze Würze ernten kann. Jammer.
> Wie entsteht Eiweißbittere und kann ich die produziert haben? Eiweißbruch
> war schön weil wallend gekocht.
>
> Herzlich, Hartmut
>
>
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