[HBF] MOD: Grußworte von Herr Koller, BBB
Marcus Schmitz
Marcus.Schmitz at web.de
Don Aug 3 21:00:17 CEST 2006
Hallo zusammen,
jetzt wird's etwas länger als normal. Anbei der Text der Rede von Herr Stefan Koller vom Bayerischen Brauerbund auf der Brauwirtschaftlichen Tagung mit freundlicher Genehmigung von Herrn Walter König (danke sehr!):
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"51. Brauwirtschaftliche
Tagung
Freising
Grußwort des
Bayerischen Brauerbundes
Stefan Koller
Vizepräsident
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
im Namen des Bayerischen Brauerbundes, des traditionellen Schirmherren dieser Veranstaltung, darf ich Sie zur 51. brauwirtschaftliche Tagung in Freising herzlich willkommen heißen.
Wissen Sie, was ein „MOD“ ist?
Müssten Sie eigentlich, denn in den Augen der Weltgesundheitsorganisation sind wir alle „MOD’s“, Sie und ich.
„MOD“ ist eine Abkürzung. Sie steht für „Merchants of death“ und meint neben Waf-fenhändlern, Drogendealern und der Tabakindustrie eben auch uns, die wir von der Herstellung und vom Vertrieb alkoholhaltiger Getränke leben.
Es ist schon eine seltsame Gesellschaft, in die wir da geraten sind!
Und eine brandgefährliche Ecke, in die man uns zu stellen versucht! Weil die Ge-sundheits- und Alkoholpolitiker der WHO, auf europäischer, Bundes- und selbst Lan-desebene dem Alkoholkonsum den Kampf angesagt haben. Dem Konsum wohlge-merkt! Es wird nur unterschieden zwischen Abstinenzlern und Konsumenten, nicht jedoch zwischen Genuss und Missbrauch.
„Aber nicht doch“, werden ihnen die Alkoholpolitiker an dieser Stelle entgegnen, na-türlich wolle man ausschließlich den Missbauch bekämpfen, gegen das eine oder andere Gläschen Bier oder Wein habe man doch gar nichts!
Es drängt sich der Verdacht auf, dass dies zumindest bei einem Teil der Alkoholpoli-tiker Lippenbekenntnisse sind, denn das Instrumentarium, mit dem man dem Alko-holmissbrauch begegnen will, zeichnet ein völlig anders Bild.
Ohne Ihnen die durch die Wirren des Biermarktes ohnehin seit Jahren getrübte Stimmung weiter vermiesen zu wollen, sollten wir uns darüber im Klaren sein, was auf uns zukommt, wenn die gegenwärtig auf EU-Ebene diskutierte Alkoholpolitik Platz greift.
Grundsätzlich folgt die EU wie die WHO auch der sog. „Ledermann-Theorie“: Dieser aus den 60-er Jahren des letzten Jahrhunderts stammende Ansatz des Französi-schen Mathematikers Sully Ledermann geht davon aus, dass die nachteiligen Kon-sequenzen des Alkoholkonsums in dem Maße zunehmen, in dem der Durchschnitts-konsum der Bevölkerung ansteigt. Im Umkehrschluss folgert er, dass man diese nachteiligen Folgen des Konsums alkoholhaltiger Getränke dadurch in den Griff be-kommt, dass man den Durchschnittskonsum senkt. Ideal: Kein Konsum. Keine Prob-leme!
Die Alkoholpolitiker rufen folglich bis heute nach Maßnahmen, die auf die Reduzie-rung des Durchschnittskonsums abzielen.
Dieser alkoholpolitische Ansatz, meine Damen und Herren, ähnelt dem Versuch der Bekämpfung des Löwenzahns durch Rasenmähen: Sieht nachher schön aus, hat aber nicht wirklich etwas gebracht.
Augenwischerei, politische Effekthascherei, blindwütiger Aktionismus, der nicht nur die breite Masse derjenigen, die ebenso moderat wie verantwortungsbewusst mit alkoholhaltigen Getränken umgehen, verunsichert, ja fast kriminalisiert, sondern völ-lig ohne Not die gesamte sog. Alkoholwirtschaft und die dieser vor- und nachgelager-ten Wirtschaftszweige in Bedrängnis bringt, ohne – und das ist das Entscheidende - dem Ziel einer wirkungsvollen Bekämpfung des Alkoholmissbrauchs auch nur einen Schritt näher zu kommen.
Null-Promille-Grenze für Fahranfänger, Senkung der derzeit geltenden allgemeinen Promille-Grenze, Werbebeschränkungen, Warnhinweise auf dem Etikett, lizensierte Abgabestellen, Präventionsabgaben, eine Erhöhung der Alkoholsteuern, Heraufset-zung des Abgabealters für Bier und Wein auf 18 Jahre, wie es bislang für Spirituosen gilt, u.s.w.:
Dies sind die Instrumente, die derzeit diskutiert werden, um dem Ziel einer Senkung des Durchschnittskonsum an Reinalkohol in der EU näher zu kommen. Um 25% möchte die EU den Reinalkoholkonsum in Europa bis 20010/2011 senken. Was das in unseren Breitengraden, in denen ca. 75% dieses Reinalkoholkonsums auf Bier entfallen, für die Brauwirtschaft bedeutet, können Sie sich leicht ausmalen.
Am Ansatz an sich geübte Kritik jedoch prallt an den verantwortlichen Politikern schlicht ab. Dabei ist offensichtlich, dass er unsinnig ist.
Der Durchschnittskonsum an Reinalkohol in Deutschland liegt derzeit bei 10,2 Litern pro Kopf und Jahr. Teile ich diese Menge durch 365 Tage, so komme ich auf noch rd. 28 Milliliter pro Kopf und Tag. Umgerechnet in Gramm entspricht diese einer Tages-dosis von 23,3 g.
Nun muss ich fairer Weise die unter 16jährigen herausrechnen, deren Anteil an der Gesamtbevölkerung demographiebedingt immer weiter sinkt und derzeit noch gut 20 % beträgt. Damit ergibt sich ein rechnerischer Tagekonsum der über 16jährigen von ca. 30g Alkohol.
Entsprechend den Aussagen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung ist eine Ta-gesdosis in dieser Größenordnung selbst dann unschädlich, wenn sie regelmäßig konsumiert wird.
Wenn eine große Gruppe moderater Konsumenten ihren Konsum weiter reduziert, eine kleine Gruppe hingegen ihren Konsum in bedenklichem Maße ausweitet, sen-ken wir vielleicht statistisch den Durchschnittskonsum. Der Volksgesundheit aber erweisen wir so faktisch einen Bärendienst!
Der Durchschnittskonsum ist ein völlig untaugliches Maß, die Missbrauchsintensität zu beurteilen! Entscheidend ist vielmehr die exakte Verteilung des Gesamtkonsums. Und hier haben wir eine große und wachsende! Gruppe von Abstinenzlern, die breite Masse der verantwortungsvollen, moderaten Konsumenten und die kleine Gruppe derjenigen, die zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Alkohol nicht oder nicht mehr in der Lage sind. Dieser Gruppe muss das alkoholpolitische Augen-merk gelten. Und auch unseres, das der Hersteller alkoholhaltiger Getränke. Aber auch nur ihr!
Dass der alkoholpolitische Ansatz der Bekämpfung des Durchschnittskonsums un-sinnig ist, lässt sich jedoch auch statistisch leicht belegen: Seit der deutschen Wie-dervereinigung ist der Alkoholkonsum in Deutschland um rd. 25% gesunken. Dies ist ziemlich genau die Quote, um die die WHO den Konsum gesenkt sehen möchte in der Annahme, dadurch missbräuchliche Konsummuster zu verhindern oder doch we-nigstens zu reduzieren.
Trotz dieses gesunkenen Alkoholkonsums werden die Klagen über den Alkoholmiss-brauch insbesondere bei Jugendlichen aber eher lauter als leiser.
Meine Damen und Herren, warum erzähle ich Ihnen das alles in epischer Breite?
Weil wir uns zur Wehr setzen müssen – beizeiten und vor allem gemeinsam.
Gerne wird der Vergleich mit Bekämpfung des Nikotinkonsums in der EU gezogen. Aber er ist ebenso falsch wie er uns vor Augen führen muss, wie gefährlich die der-zeitige EU-Alkoholpolitik für uns alle ist oder doch wenigsten auf Sicht zu werden vermag.
Falsch ist der Tabak-Alkoholvergleich, weil selbst der Konsum geringer Tabakmen-gen immer schädlich ist, der moderate, selbst regelmäßige Alkoholgenuss jedoch ebenso unstreitig und wissenschaftlich belegt nicht nur einem gesunden Organismus nicht schadet, sondern er sogar gesundheitliche Vorzüge insbesondere für das Herz-Kreislauf-System entfaltet.
Und während Rauchverbote in öffentlichen Gebäuden oder in der Gastronomie noch mit den Schutzinteressen der Passivraucher begründbar sein mögen, dürfte Einver-nehmen darüber herrschen, dass das Risiko des Passivtrinkens außerordentlich ge-ring ist.
Und der Tabak-Alkohol-Vergleich zeigt uns die Gefährlichkeit des Ansatze, weil die EU offenkundig unbeirrt ihren Weg geht, wie man an den bereits ausgesprochenen Werbeverboten für Tabakwaren, an den systematischen Steuererhöhungen auf diese Erzeugnisse und an den um sich greifenden Rauchverboten bis hinein in die Gastro-nomie leicht erkennt. Und die Debatte um eine Strafsteuer auf Alkopops lässt erah-nen, was auch auf uns zukommt, wenn wir uns als Alkoholwirtschaft im Allgemeinen und als Brauwirtschaft im Besonderen nicht bei Zeiten und vernehmbar zur Wehr setzen. Da dürfen wir uns noch glücklich schätzen, dass die Zuständigkeit für Ge-sundheitsfragen eben nicht bei der EU sondern bei den Nationalstaaten liegt, wie die Bundesrepublik in Zusammenhang mit dem von der EU verordneten und gesund-heitspolitisch motivierten Werbeverbot für Tabakerzeugnisse gerade durch den EuGH erneut feststellen zu lassen versucht.
Solange diese Rechtsauffassung Bestand hat, kann sich Deutschland notfalls iso-liert dem europäischen Überregulierungswahn auch in Sachen Alkohol widersetzen. Sollte der EuGH jedoch das übergeordnete Schutzinteresse der Volksgesundheit der ohnehin ausufernden EU-Allzuständigkeit zuschieben, auch die bislang weitgehend moderate deutsche Alkoholpolitik wäre in ihrem Bestand gefährdet.
Leider mache ich mir nach den bisherigen Erfahrungen wenig Hoffnung, dass wir diese Gefahr mit guten Argumenten allein abwenden könnten. Denn wir haben es, meine Damen und Herren, mit Ideologen zu tun, mit Menschen die sich persönlich oftmals für einen Lebenswandel ohne Tabak und ohne Alkohol entschieden haben was ihre Sache ist , die aber alles daran setzen, auch anderen ihren asketischen – darf ich sagen spaßfreien – Lebenswandel aufzuzwingen. Ich bin nicht einmal sicher, ob es ihnen letztlich wirklich um die geeignetesten Mittel zur Bekämpfung des Al-koholmissbrauchs geht oder ob das Argument der Missbrauchsbekämpfung nicht herhalten muss, um Instrumente gegen den Alkoholkonsum selbst durchzusetzen.
Unter der Tarnkappe des unabhängigen Kämpfers gegen den Alkoholmissbrauch finden diese selbsternannten Gutmenschen bei der Politik immer weder Gehör und machen ihren Einfluss in für uns gefährlichem Maße geltend. Sie rechnen die wirt-schaftlichen Schäden, die sie dem Alkoholkonsum zuschreiben, in beeindruckende Dimensionen hoch, bleiben aber einerseits verlässliche und belastbare Quellen oft schuldig und verschweigen andererseits die wirtschaftlichen Leitungen der sog. Al-koholwirtschaft und der dieser vor und nachgelagerten Wirtschaftszweige völlig.
Sie reden über die gesundheitlich schädlichen Folgen des Alkoholkonsums in Deutschland, verschweigen aber den gesundheitlichen Nutzen des moderaten Ge-nusses alkoholhaltiger Getränke.
Während sonst allerorten das Leitbild vom mündigen, aufgeklärten Konsumenten vorherrscht, der eigenverantwortlich Kauf- und Konsumentscheidungen zu treffen in der Lage ist, wird in Zusammenhang mit Alkohol der Mensch zum Konsumtrottel de-gradiert, der vor allem vor sich selbst zu schützen ist.
Wir haben Verbündete im Kampf gegen eine solche Politik, denn sie würde die Win-zer, die Spirituosenhersteller und die Sektkellereien ebenso treffen wie uns. Gemein-sam müssen wir uns zur Wehr setzen.
Und wir haben Freunde. Bier ist in Deutschland, insbesondere in Bayern ein Kultur-gut. Es ist integraler Bestandteil bayerischer Kultur und Lebensart, nach innen identi-tätsstiftend, nach außen imageprägend. Die Konsumenten werden es sich nicht ge-fallen lassen, wenn man ihnen auch noch das Bier am Feierabend madig zu machen versucht, wenn sie in großer Zahl in alkoholpolitische Sippenhaft genommen werden sollen für den überschaubaren Kreis derer, die Alkohol missbräuchlich konsumieren.
Die Technik in den Brauereien konzentriert ich darauf, ein hervorragendes Produkt herzustellen Die Kaufleute schaffen die ökonomischen Voraussetzungen für eine kostengünstige, wettbewerbsfähige Produktion. Vertrieb und Marketing kümmern sich um den Absatz.
Unsere Aufgabe als Verbände ist es jedoch, gemeinsam mit den Brauereien die Vor-aussetzungen zu schaffen, dass die Vermarktung unserer hervorragenden Erzeug-nisse nicht unangemessen behindert wird.
Unsere Aufgabe wird es aber auch sein, der Politik dort die Hand zu reichen, wo es darum geht, glaubwürdig auch als Teil der Alkoholwirtschaft einen Teil der Verant-wortung für unser Produkt dort zu übernehmen, wo es zweifelsfrei missbräuchliche Konsummuster gibt.
Der Deutsche Brauerbund und seine Landesverbände werden deshalb in den nächs-ten Tagen anlässlich des Deutschen Brauertages eine Kampagne auf den Weg brin-gen , mit der die Verbände und die diesen angeschlossenen Brauereien ein klares Signal setzen werden für den verantwortungsvollen Biergenuss und gegen den Alko-holmissbrauch.
Wie setzen drei Schwerpunkte:
„Bier bewusst genießen“, um zwischen den schönen Seiten des Biergenusses einer-seits und den schädlichen Folgen des Missbrauchs andererseits klar zu unterschei-den.
„Don’t drink and drive“, um insbesondere junge Kraftfahrer für die besonderen Gefah-ren der Verkehrsteilnahme unter Alkoholeinfluss zu sensibilisieren
und
„16/18“, um uns zum konsequenten Vollzug der geltenden Altersgrenzen für die Al-koholabgabe an Jugendliche und junge Erwachsene zu bekennen und insbesondere die Absatzmittler in Handel und Gastronomie zur strikten Einhaltung dieser Abgabe-grenzen zu drängen.
Genauso klar und eindeutig, wie wir unsere Bereitschaft zur Mitwirkung an einer ver-nünftigen, zielorientierten Alkoholpolitik erklären, müssen und werden wir uns gegen unangemessene Beschränkungen unserer Werbe- und Vermarktungsfreiheit zur Wehr setzen.
Je mehr Partner wir hierbei haben, um so größer sind unsere Erfolgsaussichten.
Es geht hier für unsere Branche um einiges. Und deshalb bin ich besonders dankbar, dass ich Ihnen im Rahmen eines Grußwortes diesen Teil der Arbeit des Bayerischen Brauerbundes heute etwas näher habe vorstellen dürfen.
Ich wünsche Ihnen zwei ebenso informative wie unterhaltsame Tage in Freising und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Freising, den 15. Mai 2005
Es gilt das gesprochene Wort"
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So weit Herr Koller vom BBB.
Dazu vielleicht noch ein Abschnitt (der LETZTE Abschnitt in diesem Buch!) aus dem Kathechismus der Brauerei-Praxis von Karl Lense (11. Auflage1956, S. 441):
"1344. Wie soll sich der Brauer der Prohibition gegenüber verhalten?
Er soll sie überall, wo er sie findet, auch in ihren kleinsten Anfängen, energisch bekämpfen, wozu ihm sachliche Gründe aller Art zur Verfügung stehen.
Das vornehmste, beweiskräftigste Kampfmittel gegen diese durchaus ernst zu nehmende Zeiterscheinung wird immer ein gutes Bier bleiben.
Jeder Brauer, der ein Gebräu von zweifelhafter Güte erzeugt, hilt den Anhängern der Prohibition, denn er erzieht das biertrinkende Publikum zur Gleichgültigkeit gegenüber dem Existenzkampfe des Braugewerbes.
Ein gutes, nahrhaftes und gesundes Bier aber wird sich kein Volk nehmen lassen."
Beste Grüße
Marcus
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