[HBF] Laeuterbottich und Maerzen
Hibbo Niemann
Krupka-Niemann at t-online.de
Fre Feb 4 07:15:32 CET 2005
Moin , Tobias,
also zu dem Breslauer Bier kann ich Dir nur beipflichten. Wir sind
letzten Sommer in Polen gewesen und haben unter anderem auch in Breslau
staion gemacht. Beim besichtigen des Marktplatzes fiel mir der keller
ins Auge und so sind wir extra noch ein bischen in der Stadt geblieben ,
um in dem Keller mittagessen zu können. Ein herrliches Erlebnis ! Das
Dunkle hat mir von den gebotenen Bieren dort am besten geschmeckt. Im
Nachhinein kann ich sagen , es war das Beste , was ich in ganz Polen
probieren durfte. Wir sind einmal ganz an den Außengrenzen von Polen
entlanggefahren und haben dabei viele verschiedene Sorten probiert, aber
so wie da hat keins geschmeckt. Selbst meine Frau, sonst keine
Biertrinkerin, die aber jede Sorte probiert, hat sich ein eigenes Glas
bestellt.
Ich bin sonst kein Anhänger des Sorten-Nachbrauens, aber das wäre Eine,
die ich mir als Ziel vorstellen könnte.
Bis demnächst,
Hibbo
>Hallo miteinander,
>
>Es ist ziemlich wenig los hier im Moment, deshalb tu ich mal was gegen das
>Schweigen hier:
>
>1. Ich versteigere meinen alten Läuterbottich gerade bei ebay. Da wir hier
>nicht kommerziell sind, also nur der Hinweis. Wer möchte, kann dort
>nachsehen. Einfach unter Läuterbottich suchen, es ist im Moment der einzige
>;-)
>
>2. Ich möchte Euch eine ganz interessante Biersorte vorstellen.
>
>Schweidnitzer Märzen:
>
>Das Bier stammt aus Schweidnitz bei Breslau in Schlesien. In Breslau gibt es
>den Breslauer Ratskeller, wohl den größten mittelalterlichen Bierkeller
>Europas. Hier wurde das Bier ausgeschenkt; 1332 erstmals urkundlich erwähnt.
>Das Bier wurde also ab dem 14. Jahrhundert als Märzen geschätzt und war im
>16. und 17. Jahrhundert durch den Schöps, ein süßes Weizenbier verdrängt
>worden. Ab 1696 wurde in Schlesien wieder ein sehr dunkles, starkes und
>bitteres Bier aus Gerste gebraut. Jetzt erst las ich, daß die untergärige
>Brauweise in Schlesien erst ab 1870 eingeführt wurde.
>
>Das Rezept basiert auf folgenden Überlegungen:
>stark wie ein Bock, schwarz wie Stout, herb wie ein Pils
>Besonders die Hopfung verdient hierbei Interesse. Ich habe mir als Grundlage
>eine Rezeptvorgabe für das historische Freiberger Bier genommen, wo es
>heißt, dass man für das normale Bier umgerechnet ein Pfund Hopfen je Zentner
>Schüttung und für das lagerfähige Bier bis zu 1 ½ Pfund Hopfen verwandte.
>Für ein in den Urkunden erwähntes sehr bitteres Bier sollte man also die
>Hopfenmengen zu verdoppeln versuchen. Man war früher sehr pragmatisch und
>ist bei den Hopfengaben für´s Indian Pale Ale auch so vorgegangen. Verwendet
>wurde sicherlich regionaler oder böhmischer Hopfen. Da mir keine
>Hopfensorten bekannt sind, die aus hier ursprünglichen Landsorten
>herausgezüchtet wurden, habe ich Saazer Hopfen verwendet.
>Das Maischwasser muß auch entsprechend aufgeteilt werden. Aus der englischen
>Braugeschichte weiß man, dass man aus einer Charge Malz mehrere Bier braute.
>Das Hauptgussbier war das stärkste.
>So habe ich es auch hier gehalten. Das Maischwasser habe ich so berechnet.
>Schüttung zu Hauptguß 1:3 + Wasserrückhalt der Treber beim Läutern +
>Verdampfungsvolumen beim Würzekochen. Alles muß dem Hauptguß zugeschlagen
>werden, da kein Nachguß aufgebracht wird.
>Leider habe ich bei der Bemessung der Schüttung nicht beachtet, dass ohne
>Nachguß weniger Extrakt anfällt und somit mehr Malz zugegeben werden muß.
>Ich erreiche gewöhnliche eine Extraktausbeute gegenüber den Laborwerten der
>Malzanalyse von 95%. Ohne Nachguß fällt der Wert auf etwa 75% ab. Damit
>erreichte ich einen Stammwürzegehalt von lediglich 13% statt der anvisierten
>16%.
>
>Das Rezept ergibt sich wie folgt:
>
>Menge: 32l
>Stammwürzegehalt: 13%
>Schüttung:
>2,50kg Pilsner Malz
>4,50kg Münchner Malz
>0,20kg CaraMünch III
>0,44kg Farbmalz [800 EBC]
>Die Mischung aus Pilsner und Münchner Malz soll die Farbtiefe des damaligen
>Basismalzes simulieren, daß sicher nicht so hell war wie heute. Das Caramalz
>ist für einen malzigen Abgang. Das Farbmalz bringt die gewünschte Farbtiefe.
>Es kommt ein Farbmalz mit unter 1000 EBC zum Einsatz, dafür in einem höheren
>Schüttungsanteil. Ich habe es selbst geröstet; die Farbe ist dunkelbraun und
>nicht so einheitlich. Wichtig: Beim Selbströsten hinterher ordentlich Wasser
>aufsprühen, solange alles noch heiß ist und wieder verdampfen kann. Damit
>wird das Malz etwas entbittert.
>Volumen des Hauptgusses: 46,5l
>Gemaischt wird einfach im englischen Einmaischverfahren. Das war im
>Spätmittelalter auch hier üblich. Man lies heißes Einmaischwasser zulaufen
>und alles 3-4h stehen, bevor man läuterte. Ich habe bei 64°C eingemaischt
>und die Temperatur bei 66°C unter gelegentlichem Nachheizen für 1 ½ h
>gehalten. Dann auf 78°C erhitzen und da sofort abmaischen. Diesen Schritt
>kann man eigentlich weglassen. Ich hab´s nur wegen der geringeren
>Maischeviskosität bei höheren Temperaturen gemacht. Das Läutern geht halt
>schneller.
>
>Dann folgt das Würzekochen mit den Hopfengaben. Tabernaemontanus, der mal
>ein exemplarisches Bierrezept seinerzeit für die Nachwelt schriftlich
>festgehalten hat, schreibt, daß der Hopfen komplett zu Kochbeginn zugegeben
>wird und mindestens 1 ½ h bis 3 h gekocht wird.
>
>Ich habe hier nur 90 min gekocht und entsprechend obiger Ausführung etwa 3
>Pfund (das zweifache von 1 ½ Pfund [ Hopfenmenge für´s alte Freiberger
>Lagerbier]) je Zentner Malz Saazer Hopfen mit 2,7% Alphasäure zugegeben. Da
>ich Hopfenaroma im Bier mag, habe ich den Hopfen aufgeteilt und zum
>Ausschlagen noch etwas beigegeben, wobei die Menge auf etwa 10% der ersten
>Hopfengabe beschränkt blieb.
>Also:
>200g, Saaz, Pellets Typ 90, 2,7% A, 90 min kochen
>25g Saaz, Pellets Typ 90, 2,7% A, beim ausschlagen
>Nachisomerisierungszeit: 15min
>Sicher hätte man Rohhopfen nehmen müssen bei gleicher Menge, ich hatte aber
>keinen da.
>Es ergibt sich ein Bitterwert von 49 IBU, mit Rohhopfen wären es 45 IBU
>gewesen.
>
>Vergoren habe ich das Märzen mit einer Lagerhefe aus der Freiberger
>Brauerei. Hätte ich vorher gewusst, dass die untergärige Brauweise in
>Schlesien erst 1870 eingeführt wurde, hätte ich vielleicht eine kontinentale
>Alehefe genommen, also WYEAST Alt oder Kölsch oder eine andere geschmacklich
>eher neutrale Hefe. Märzenbiere werden heute hingegen allesamt mit
>untergärigen Hefen gebraut. Ich denke also eine Lagerhefe ist akzeptabel.
>
>Das Bier ist inzwischen ausgetrunken und ich werde an der Rezeptur weiter
>feilen, um irgendwann mal eine ausgereifte Version bei netbeer zu
>veröffentlichen.
>Das Bier ist ziemlich schwarz und schmeckt recht herb mit etwas Hopfen im
>Abgang. Hier kommt auch das Karamelmalz ganz gut zur Geltung. Das Röstmalz
>tritt erstaunlicherweise weniger zu Tage als vermutet, rundet das Bier aber
>gut ab.
>
>Beim nächsten Mal soll die Stammwürze tatsächlich 16% betragen und ich werde
>wohl wieder eine Lagerhefe nehmen, weil das Bier sonst ein Zwischending
>zwischen Stout und Imperial Stout wird.
>
>
>Gut Sud
>
>
>Tobias
>
>
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