AW: [HBF] Amerikanischer Geschmack (war: wie verbreitet istnochdekoktion?)

Tobias Kandler walaskjalf at gmx.de
Fre Jan 23 12:16:12 CET 2004


Hallo Sasha, Greg und Thomas,

Designing great beers: eben dieses Buch meinte ich auch. Es hat ja als
Untertitel "The ultimate guide to brewing classic beer styles". Ich verstehe
nicht, wieso man Schüttung, Hopfung und Hefe anhand der NHC second round
beers empfehlen kann. Es gibt für klassische Biertypen nach meiner Meinung
historisch gewachsene Zutaten und sonst nix. Ich will nicht sagen, daß man
nicht auch gute Biere braut, wenn man experimentiert und die Konventionen
verläßt, es sind dann eben andere Sorten. Der klassischste fall für mich ist
das California Common oder Steam Beer. Das entstand ja so. Da hat man
Lagerhefe genutzt und bei hohen Temperaturen vergoren und aufgekräustes Bier
ganz jung in den Handel gebracht.

Das Buch ist zweifelsohne lesenswert und hinsichtlich der Historie gut
recherchiert. Ich hatte beim lesen aber den Eindruck, daß für´s nachbrauen
so etwas wie ein geschmackliches Zielprofil aufgestellt wird, der Weg
dorthin - die Rezeptur also -  nicht auf die Historie bezugnimmt (nur bei
der Vorstellung des Biertyps), somit mit allen Mitteln versucht wird ein
solches Bier zu schaffen. Dies führt dann beispielsweise zu Pils mit
Weizenmalz und obergärigen Hefen, weil im NHC Leute solche "Pilsner" gebraut
haben und damit, wie auch immer, ein solches geschmackliches Ziel
erreichten.

Greg und Thomas, na klar ist es gut, daß es Vielfalt gibt und jeder soll so
brauen, wie er das für richtig hält. Lediglich meiner Meinung nach sollte
man sich bei klassischen Biertypen wirklich an den geschichtlichen Wurzeln
orientieren und hat dann, denke ich, immer noch genug Spielraum eigene
Rezepte zu entwickeln. Ich braue auch Experimentierbiere, wie Himbeerweizen
und so weiter. Solche X-over-Biere machen Spaß und sind geschmacklich
interessant. Ich mache die aber nicht zu klassischen Bieren. Ums
Reinheitsgebot geht es mir dabei nicht. Es ist, wie du sagst, gegen die
Panscherei. Jedes Land sollte so etwas haben und das deutsche Modell ist nur
eine Variante, wie man es machen kann.
Sasha, wenn Du mal ein vergleichbares Buch lesen willst, daß Dir europäische
Biertypen nahe bringt, dann lies Huberts Buch. Der Rezeptteil ist viel
knapper als bei Ray Daniels, allerdings enthält er dafür das wirklich
wesentliche.

Gut Sud

Tobias