[HBF] Brettanomyces in Porter

Hubert Hanghofer hhanghof at netbeer.co.at
Fre Okt 4 00:05:21 CEST 2002


Liebe Braugemeinde,
hallo Tobias,

Danke an Tobias und Martin für die interessanten Infos rund um Porter. Für
die Entwicklungsgeschichte von Porter und Stout gibt's unterschiedliche
Quellen und Interpretationen, aber in jeder liegt wohl ein Körnchen Wahrheit. 
Was die Frage "...warum Brettanomyces Hefe?" betrifft, kann ich einige Infos
beisteuern:

Vielfach wurden Gär- und Lagertanks bzw. -Bottiche aus ungepichtem Holz
verwendet. Das trifft auf jeden Fall zu für historische Varianten von Porter, 
Stout und Scotch Ales, vermutlich auch IPA, denn gepicht (mit raffiniertem 
Pech beschichtet) wurden meines Wissens nur Fässer in der Lagerbierwelt.

In diesem Holz siedelt sich eine Mikroflora an, die üblicherweise von
Brettanomyces dominiert wird. Diese schlauch- bis wurstförmigen Sprosspilze
finden auf dem Holz ideale Bedingungen, denn:
1.) Sie bevorzugen sessile (festsitzende) Lebensweise, wachsen also gerne
auf Oberflächen.
2.) Sie benötigen Spuren von Sauerstoff, der ihnen durch die Holzporen
zugeführt wird.

Zu beachten ist, dass diese Biere nur während längerer Lagerung dem 
Einfluss von Brettanomyces ausgesetzt waren. Die Hauptgärung wurde 
selbstverständlich immer mit Ale-Hefe geführt. Der "Brett"-Charakter dürfte 
aber nach längerer Lagerzeit wahrnehmbar geworden sein. Geschmack und Aroma 
sind nicht unangenehm, aber oft wurden alte Biere mit jungen verschnitten 
(Stichwort "vatting").

Der Stoffwechsel der Brettanomyces ist sehr sehr langsam -- für eine
vollständige Nachgärung kann man schon mal 1 Jahr veranschlagen. Dafür baut 
sie auch Dextrine ab. Der 1998er Jahrgang Hanghofer-Lambic entwickelte einen 
starken Brettanomyces Charakter und vergor von 15°P Stammwürze bis 9%vol
Alkoholgehalt! ...werde morgen Abend wieder eins kosten ...oder zwei ;-)

Allzeit gut Sud!

Hubert Hanghofer
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