[HBF] Hopfenfragen
Hubert Hanghofer
hhanghof at netbeer.co.at
Sam Nov 25 00:58:28 CET 2000
Liebe Braugemeinde,
Norbert fragt:
> 1. Kann mir jemand erklären wozu die Vorderhopfung gut ist?
> Hubert schreibt dazu in seinem Buch ja, daß dadurch besonders
> Hopfenaroma ins Bier kommen soll. Werden die verantwortlichen Öle nicht
> beim anschließenden Kochen ausgetrieben? Mir erscheint es etwas seltsam,
> daß sich die Hopfenöle von Vorderhopfung und normaler Hopfung
> unterschiedlich verhalten sollen.
--Die Vorderwürzehopfung (VWH, engl. First Wort Hopping = FWH) wurde vor einigen
Jahren in Deutschland (wieder)entdeckt. Wegbereiter dürfte der berühmte
Brauwissenschaftler Ludwig Narziß gewesen sein. In Praxisversuchen wurden seine
Theorien der Hopfenöl-Chemie bestätigt (s. "Abriß der Bierbereitung", S.166). Die
Verkostung von Probesuden ergab eine klare Präferenz von Bieren mit VWH anstelle
von späten Hopfengaben.
Meiner Erfahrung nach - und hier stimmen viele Kollegen mit mir überein - teilt
sich das von der VWH verliehene Aroma allerdings mehr im Geschmack (flavor) als im
Geruch mit.
Hopfenöle sind sehr reaktiv und werden leicht oxidiert. Die gebildeten
Oxidationsprodukte sind im Gegensatz zu den Ölen in Würze und Bier löslich. Sie
werden auch bei der Gärung nicht so leicht von der Hefe ausgeschieden wie die
lipophilen (fettlöslichen) Öle.
Dadurch werden also die Hopfenöle (-das Hopfenaroma-) sozusagen "gebunden".
Allerdings muß dazu die Oxidation eine Freisetzung der Öle durch den strömenden
Dampf überwiegen. Dies ist nur bei kurzen Kochzeiten <20 Minuten und in
verstärktem Maße natürlich bei der VWH der Fall.
Das soll nun keineswegs zum Anlaß genommen werden, die gehopfte Vorderwürze oder
gar die kochende Würze irgendwie zu belüften! Dies wäre der Bierqualität sehr
abträglich. Im Gegenteil - "schädlicher" Sauerstoff ist zur Genüge vorhanden -
bedenken wir doch das im Vergleich zu unseren großen Brüdern sehr hohe Verhältnis
Oberfläche / Volumen im Hausbrau-Bereich. Die Hopfenöle sind so reaktiv, daß sie
sogar als "Anti-Oxidans" betrachtet werden können - als "Radikalfänger" also, der
Würzebestandteile vor Oxidation schützt.
<ZITATE>
EBC-Manual
"Hops and Hop Products, Manual of Good Practice", (c) 1997. ISBN 3-418-00758-9
"It has been claimed that the hop character of beer is due to oxygenated terpenes, in particular oxygen
heterocyclics and volatiles derived from oxidative degradation of hop constituents. Sesquiterpene hydrocarbons
are very susceptible to auto-oxidation, whereby mainly epoxides are formed, such as caryophyllene-4,5-
epoxide and humulene-1,2-epoxide. Humulene diepoxides have also been found in hops and beer. The
reactivity of the epoxides induces the formation of a variety of oxidised derivatives. Reactions of humulene-1,2-
epoxide in boiling wort conditions lead to a complex mixture, including the flavour-active humuladienone."
L. Narziß
"Abriß der Bierbrauerei", (c) 1995. ISBN 3-432-84136-1
"....Nach dem oben Gesagten müßte eine Hopfengabe vor Kochbeginn, z.B. beim
Aufheizen der Würze eine Mehrung von Oxidationsprodukten der Hopfenöle erbringen,
die dann teilweise bis ins Bier überdauern und diesem ein Hopfenaroma vermitteln
können..."
</ZITATE>
Allzeit gut Sud!
Hubert