[HBF] Lange Zeit im Hauptgaerungsbehaelter
Hubert Hanghofer
hhanghof at netbeer.co.at
Die Sep 26 23:47:38 CEST 2000
Liebe Braugemeinde,
Hallo Rolf,
Rolf schrieb bezüglich meinen Anmerkungen zur Aufkarbonisierung nach
Endvergärung:
> [snip]
> Mir geht es nur um folgenden Satz:
>
>> Die einzigen Nachteile dieses Verfahrens sind der zusätzliche
>> Gärbehälter und die Tatsache, daß endvergorenes Bier zu wenig
>> aktive Hefezellen enthält, um es vor Oxidation zu schützen.
>
>
> Muss ich auch vor Oxidation Angst haben, wenn ich mein Bier im
> Originalhauptgaerbehaelter lasse, obwohl es schon lange
> durchgegoren ist?
Nur dann, wenn Du die Hauptgärung offen führst. Nach Abklingen der
Hauptgärung ist das Bier nicht mehr durch Kräusen geschützt, und die
Sauerstoff-zehrenden Hefezellen setzen sich auch sehr rasch ab.
> Ich meine jetzt vielleicht insgesamt 3 Wochen, obwohl die
> Hauptgaerung nur 1 Woche braucht? Kann da was schiefgehen?
Wenn Du offen gärst, vermutlich schon (s.oben). Wenn Du geschlossen gärst,
hängt es davon ab, ob abgestorbene Hefezellen begonnen haben, sich selbst
zu verdauen (Hefeautolyse). Wenn hefeeigene Enzyme nämlich beginnen, die
toten Hefezellen aufzulösen, treten Stoffe aus dem Zellinneren aus, die je
nach Ausprägung der Autolyse die Bierqualität mehr oder weniger stark
negativ beeinflussen:
pH steigt -> Rezens nimmt ab.
Schaumprobleme durch Proteinabbau (Hefe-Proteasen).
Unangenehme, breite Hefebittere.
Unreiner Hefegeruch.
Außerdem bieten die austretenden Stoffe einen idealen Nährboden für
Infektionen.
Am besten nach dem Schlauchen den Geruch des Hefesedimentes prüfen. Dieser
erinnert bei autolysierendem (=sich selbst zersetzendem) Hefesediment
stark an verbrannten Gummi. -Keine Panik! ...muß noch nicht heißen, daß
das Bier deswegen schlecht ist! Vermutlich nicht mehr so gut, wie es hätte
sein können, aber immer noch besser als das Industriegelumpe ;-)
Es gibt also 2 Gründe zum Umschlauchen in einen (zusätzlichen)
Nachgärbehälter:
1) Ggf. Übergang offene -> geschlossene Gärung.
2) Abtrennung des mit Hopfenharz und Trub verunreinigten Hefesediments.
Das (reinere) Hefesediment im Nachgärbehälter neigt übrigens weitaus nicht
so schnell zur Autolyse wie das bei der Hauptgärung anfallende.
Meine persönliche Strategie ist eine Kompromißlösung: Ich versuche immer,
mit 1 Gärstufe das Auslangen zu finden. Als Zeitlimit gebe ich meiner Hefe
2 Wochen. Wenn sie bis dahin nicht fertig ist (oder ich keine Zeit zum
Abfüllen habe), geht's ab in die Nachgärstufe! Innerhalb dieser 2wo Frist
konnte ich noch keine ernsthaften Autolyseerscheinungen beobachten.
Wenn man allerdings sowieso vorhat, eine zusätzliche Gärstufe
anzuschließen, kann man natürlich schon früher umschlauchen - gleich nach
Abklingen der Hauptgärung, Flockung der Hefe und Anhäufung des ersten
Sediments.
Allzeit gut Sud!
Hubert