[HBF] Oxidation beim Abfuellen?

Hubert Hanghofer hhanghof at netbeer.co.at
Die Sep 19 21:08:19 CEST 2000


Liebe Braugemeinde,
Hallo Georg,

ich glaube nicht, daß Du ...äh, Dein Bier ein Oxidationsproblem hat, denn 
wenn die Flaschengärung schon nach 2-3 Tagen abgeschlossen ist, muß noch 
sehr viel aktive Hefe in Schwebe sein, die den ggf. eingebrachten 
Sauerstoff sofort begierig aufnimmt.

Das von mir angesprochene potenzielle Oxidationsproblem tritt vor allem 
dann auf, wenn die Hefe NACH der Endvergärung geflockt und sedimentiert 
ist, was unter Umständen ein paar Wochen Lagerung im Nachgärbehälter 
erforderlich macht.

> Ein paar Fragen zum angesprochenen Lufteintrag.
> Ich lasse im Gärbehälter endvergären, um dann die Speise vor dem 
> Abfüllen auf eine knapp über Bier befindliche Schöpfkelle (Löffel mit 
> Löchern) zu gießen. Damit will ich verhindern, daß die sedimentierte 
> Hefe wieder allzu stark aufgewirbelt wird, und gleichzeitig eine 
> gleichmäßige Verteilung der Speise erreichen.

Wenn Du die Schöpfkelle knapp UNTER den Bierspiegel hältst, müßtest Du 
eigentlich den gleichen Effekt erzielen!

> Wie wirkt sich die Oxidation auf den 
> Geschmack aus? Kann man das am Endprodukt erkennen und 
> rückschließen?

Auf jeden Fall, da kannst Du Dich drauf verlassen! Man hört oft von 
unterschiedlichen, individuellen Geschmacksempfindungen bzw. 
Geschmacksschwellen zwischen einzelnen Testpersonen. -Meiner bescheidenen 
Meinung nach reine Trainingssache, die Leute verkosten viel zu wenig!
 ;-)

Trotzdem - wenn diese unterschiedliche Empfindlichkeit auch auf Diacetyl 
oder DMS zutreffen mag - das Spektrum der Alterungsaromen bekommt 
praktisch JEDER auf die eine oder andere Art mit, DENN: 

> Was passiert eigentlich mit dem Sauerstoff der nicht ins Bier soll?

Er reagiert mit Fettsäuren und höheren Alkoholen unter Bildung von 
sogenannten Alterungscarbonylen (Aldehyden) - Verbindungen der allgemeinen 
Form

R - CH = O

und einem extrem niedrigen Geschmacksschwellenwert! Das Spektrum der 
möglichen Aroma- oder Geschmacksempfindungen umfaßt

schwarze Johannisbeeren
pappdeckelartig
süßlich-brotartig aromatisch
verminderte Rezens bei breiterer Bittere
sherryartig 

...da ist also wirklich für jeden Gaumen was dabei, zumindest die 
geschmacklichen Änderungen sind deutlich wahrnehmbar!

Wer sich gerne näher mit Biersensorik beschäftigen möchte, dem kann ich 
nur das Buch "Bierologie" der beiden Bamberger Braumeister Johannes 
Schulters und Martin Knab sehr empfehlen!

Allzeit gut Sud!
Hubert