[HBF] Vortrag von Ludwig Narziss beim Jahrestreffen der Diplom Biersommeliers in Salzburg

Hubert HANGHOFER hubert at netbeer.org
So Okt 13 19:37:15 CEST 2013


Werte Braugemeinde,

Wir hatten bei unserem Jahrestreffen dieses Wochenende die Ehre, Prof.
Ludwig Narziss in Salzburg begrüssen zu dürfen. Der rüstige 88er hielt
einen Vortrag über "Entwicklungen der deutschen Brauereien und
Veränderung des deutschen Biergeschmacks in den letzten 50 Jahren".

Hier einige Auszüge aus meinem löchrigen Gedächtnis:

Der Hauptanteil des Vortrages widmete sich natürlich der industriellen
(Mainstream) Bierherstellung und ist von uns nicht direkt von Belang.
Interessante Punkte waren z.B.:

  * 1960-1990, als man mit Bier Brauen noch Geld verdienen konnte, war
    die Bittere wesentlich höher als heute ...und die Leute haben das
    auch getrunken (viel höherer pro Kopf Verbrauch bis 150L/a).
  * Aussen-, aber auch Innenkocher scheiden oft zuviel schaumförderndes
    Eiweiss aus.
  * Die optimale Geometrie der Gärbehälter liegt irgendwo zwischen 1:1
    und 1:2 (d:h). Bei der Umstellung auf schlanke, hohe ZKGs muss das
    Hefemanagement angepasst werden, was vielfach nicht ausreichend
    berücksichtigt wurde.
  * Allgemein ergeben sich durch viele technologische "Optimierungen"
    (z.B. Sauerstoffeintrag, Wegfall Kühlschiff und Läutergrant)
    weichere, mildere, hellere, aber z.T. leider auch neutralere
    (Mainstream) Biere. Mit angepasster Schüttung (z.B. Karamellmalze)
    kann man Vieles kompensieren.
  * Die von Handelsketten vorgegebenen Haltbarkeitsansprüche sind
    übertrieben und man muss dann halt alles rausfiltern.

Für uns Haus- und Hobbybrauer sind vor allem seine Ausführungen zum
Thema Hopfung interessant:

  * Alpha ist nicht gleich Alpha. Die Verwendung von Bittersorten kam in
    Deutschland erst in den 60er Jahren auf. In einer persönlichen
    Diskussion bestätigt er meine Ansicht, dass es bezüglich Qualität
    vorteilhaft ist, ausschließlich Aromasorten zu verwenden. Er teilt
    auch meine positiven Erfahrungen über den Einfluss von feinen
    Aromasorten auf Biergeschmack und "Drinkability" (In diesem
    Zusammenhang auch meine persönlichen Favoriten Spalt Select und
    Hersbrucker).
  * Auf meine Frage, ob ein hoher Cohumulonanteil die Qualität der
    Bittere negativ beeinflusst, meinte er, dass er in Brauversuchen mit
    reinen Fraktionen von Humulon, Cohumulon und Adhumulon sensorisch
    keine Unterschiede feststellen konnte.
  * Sehr konservativ ist er noch beim Thema Reinheitsgebot. So meinte er
    abschließend scherzhaft: "Wenn sie nach all dem, was ich Ihnen in
    der letzten Stunde gesagt habe, kein ordentliches Bier brauen
    können, dann lassen Sie das Brauen lieber sein!" ;-)

In einem anschließenden Vortrag "Bierland und Bierkultur USA" betonte
Dr. Michael Zepf (Doemens Genussakademie) die Bedeutung der
US-Hobbybrauerbewegung für die dortige Entwicklung der Craftbeer Szene.
Dr. Zepf regte auch an, dass sich handwerkliche Brauer, die
internationale Bierstile bei uns brauen wollen, dies durchaus auch mit
heimischen Rohstoffen (spez. Hopfensorten) versuchen sollten. Die
Amerikaner hätten das ja z.B. bei Ihren Interpretationen britischer
Bierstile auch getan.

Falls der Verband einzelne Vorträge veröffentlichen darf, sende ich Euch
die Links.

Allzeit gut Sud
Hubert Hanghofer


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