[HBF] Hefe aufbewahren

O'Sullivan jpb at mail.isis.de
Don Jun 12 18:48:59 CEST 2003


Hallo Matthias,

ersteinmal gibt es unter 100 Hobbybrauern mit Sicherheit 105 Meinungen zum Thema
Hefezucht - also verkünde ich hier natürlich die einzig wahre, echte Wahrheit
;-))

Scherz beiseite:

Die optimale Arbeitstemperatur von Deiner Hefe bedeutet nicht auch gleichzeitig
die optimale Lagertemperatur. Generell ist es in der Mikrobiologie so, das
Kühlung Stoffwechselvorgänge verlangsamt, d.h. eine Möglichkeit ist es die Hefe
bei Kühlschanktemperatur aufzubewahren, wenn man ein Paar Dinge beachtet: Hefe
darf nicht einfrieren, weil dadurch die Zellwände beschädigt werden und die
Hefezellen absterben. Zum anderen sollte man so wenig wie möglich Restwürze bei
der Hefe lassen da diese sonst nicht sauber in den Ruhezusatnd übergehen kann,
und zweitens hier auch wieder guter Nährboden für Fremdkeime (z.B. Schimmel) die
besonders häufig im Kühlschrank anzutreffen sind, vorhanden ist.

Natürlich sollte man hier so steril wie möglich arbeiten. Mein Vorschlag hierzu:

- Ein  altes Marmeladenglas reinigen und gut desinfizieren
- Bodensatz (steril!) aus dem Gärfass in das Glas füllen
- Isotonische Kochsalzlösung dazugeben
- warten bis die Hefe sedimentiert
- die überstehende Flüssigkeit abschütten und die Hefen nochmals mit ein bis
zwei Spülungen wie oben beschrieben "waschen"
- den letzten Bodensatz dann mit Isotonische Kochsalzlösung auffüllen
- steriler Deckel drauf und in den Kühlschrank stellen

Der Deckel sollte eine Entlüftungmöglichkeit haben, falls sich doch überdruck
enwickelt. Hierzu kann ein kleines mit dunnem Klebeband leicht verschlossenes
Loch dienen. Es ist zu für Bakterien und Fremdkeinme, aber bei Überdruck platzt
nicht das Glas sonder diese Sollbruchstelle geht auf.

Isotonische Kochsalzlösung ist eine Lösung die die gleiche Salzkonzetration hat
wie die Zellen in Ihrem Inneren. Diese Lösungen bekommst Du problem- und
rezeptfrei in jeder Apotheke für wenige Euro pro Liter als Infusionslösung
(=Tropf). Sie heißt dann unter anderem "NaCl 0,9%".  Es gibt Packungsgrößen von
10ml bis 2 Liter.  Am Besten kaufst Du noch ein Infusionsschlauchsystem dazu
(auch wenige Euro) damit Du die Lösung unter sterilen Bedingungen aus der
Flasche bekommst.

Warum nicht abgekochtes Wasser nehmen? Nun zum ausspülen wäre es kein Problem,
aber zum Lagern bleiben die Hefezellen ohne nennenswerten Stoffwechsel im
Wasser, d.h. die Zellen können auch ihren Wasserhaushalt nicht beeinflussen. So
wandert das Wasser (geringe Salzkonzentration) durch die Zellmembran hindurch in
die Zelle (höhere Salzkonzentration). Dieser Effekt heißt Osmose und ist in der
Medizin und Mikrobiologie einer der Haupttriebfedern von Stoffwechselsystemen.
(Wenn es jemanden interessiert, der kann mich gerne anmailen - hier wird das
Thema sonst zu langatmig ;-))

Tatsache ist, dass Wasser durch den osmotischen Druck in die Zelle eindringt und
diese fruher oder später platzt - also stirbt. Tote Hefe gärt nicht - Iss klar
...

Bei einer Lösung mit gleicher Osmolarität (=Salzkonzentration) findet keine
Flüssigkeitstransfer in die Zelle statt - sie platzt nicht.

Nur noch ein Tipp zum Schluss: Ich habe so meine Hefe früher gelagert - klappte
ganz gut. Neue Hefe kaufen wär aber auch nicht viel teurer gewesen. Also bin ich
irgendwann mal dazu übergegangen meine Hefe auf Agarplatten selber zu züchten
und Dauerkulturen anzulegen. Die Anleitung dazu ist ja auch auf Huberts Seite.
Ist zwar etwas aufwendiger, aber funktioniert gut wenn man umsichtig ist. Die
Gerätschaften sind zwar nicht billig, können aber allesamt wiederverwendet
werden (steril auskochen oder im Bachofen bei 120 Grad sterilisieren) so daß man
nach einigen Suden wirklich günstiger dabei ist. Meine kleine Hefebank umfasst
inzwischen gut 12 Kulturen die ich jederzeit innerhalb von 4-5 Tagen anstellen
könnte.

Gut Sud

Jens

Matthias Kloppmann wrote:

> Ich habe 1 x benutzte Wyeast Chech Pilsener Hefe von meinem letzten Ansatz
> abgeerntet. Da meine Keller während des Sommers leider doch die 10 - 12°C
> Marke überschreitet, möchte ich das untergärige Brauen bis zum Herbst
> einstellen. Kann ich die Hefe über den Sommer retten? Ich habe im Archiv des
> Brauforums über isotonische Kochsalzlösung gelesen. Ist das das richtige
> Medium und wie stelle ich die her?
> Vielen Dank und gut Sud
> Matthias Kloppmann
>
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