Contra: RE: [HBF] Hefestarter fuer Trappisten-Tripel

Gregor gregor at blinx.de
Die Nov 5 15:17:16 CET 2002


Hallo Marcus,
geneigte Kollegenschaft,

Marcus Schmitz schrieb:

> >**Phil, Du hast
> >bei mir eine Flasche konsumiert. Erinnerst Du Dich?**
> >
> >Oh ya.  Dass war ein Bier!
>
> Hey! Moment! Das ist quasi Bestechung im voraus, mit Bier!

Nö, das ist schlicht und einfach die PRAXIS  :-)  :-)  :-) Ich hab's halt so
gemacht (das Hefeherführen) wie beschrieben UND damals ein wirklich
bemerkenswert leckeres Tripel gebraut.

Übrigens, wie das Schicksal es manchmal so will: Mir ist letzte Woche mein
2-Liter Erlenmeyer mit jeder Menge Belgian Abbey Hefe-Sediment aus der
nassen Hand auf den Fliesenboden gerutscht und zerschellt. Das Thema Tripel
hat sich damit solange erledigt, bis ich neue Hefe bestellt und im Hause
haben werde. Aber Dir ist eine Flasche sicher, Marcus. Versprochen!

> nochmal ich, ging nicht schneller, musste unter anderem Malz rösten, eine
Malzmühle mit Bohrmaschinenantrieb basteln und Porter nach dem Rezept
brauen,
> das ich vor einiger Zeit mal für Tobias rausgesucht hatte. Mittlerweile
stehen gut 20 Liter 16%iges Dt. Porter im Keller und blubbern wie wild.

Dein Dt. Porter Rezept scheint sehr gut zu sein. Thorsten (aus Berlin) hat's
gebraut und mir davon  vorgeschwärmt. Ich hoffe, dass ich es bald verkosten
kann (Wink mit dem Zaunpfahl, Thorsten) und dass dann noch was zum Verkosten
da ist. :-)
>
> Aber nochmal zu der Hefe: Ich habe zwar keinen Phil als Fürsprecher, aber
als ich heute morgen ins Büro kam lag da (Schicksal?) eine "Brauwelt" auf
> meinem Schreibtisch. Darin war ein Artikel zum "Ersten Weihenstephaner
Hefesymposium". Dort wird Prof. Geiger vom 2er Lehrstuhl zitiert (allerdings
auf
> eine laufende Gärung im ZKG bezogen und nicht wörtlich zitiert!):
>
> Sedimentierte Hefe tut nichts, sie gibt nur Proteinasen und FAN (in Form
von basischen Aminosre.'n) ans Medium ab und sollte so schnell wie möglich
> abgezogen werden.
> Eine ähnliche Aussage gibt es auch von L. Narziß: Das Bier soll so lange
auf der Hefe liegen wie nötig aber so kurz wie möglich.
>
> Beide Aussagen beziehen sich auf (zu filtrierende) Kommerzbiere.

Da müsste man einfach mal genauer definieren, was Du mit sedimentierter Hefe
meinst. Alle Hefezellen (ausser Staubhefen, vielleicht) setzen sich
letztlich auf dem Boden des Gefäßes ab, wenn keine Nahrung (vergärbarer
Zucker) mehr da ist, sprich, das Bier endvergoren ist (und auch, wenn es
ihnen zu kalt ist). Wahr ist, dass sich tote und wenig vitale Hefen schon
*während* der Hauptgärung absetzen.

In meinem - jetzt leider kaputten Erlenmeyer haben sich sicherlich (nach
Kühlung auf 4-6°) auch wenig vitale und tote Hefezellen auf dem Boden
befunden, aber eben auch jede Menge "satte", vitale Zellen mit frischen
Energiereserven. Und genau die würden später bei der Hauptgärung doch  in
der Schwebe bleiben, sich vermehren und den Großteil der Gärung bewirken,
während die ollen und toten Zellen das machen, was sie am besten können,
nämlich rumliegen, absterben und den fleissigen Kollegen als Nahrung dienen.
Klar ist auf alle Fälle und da haben Markus und der Herr Professor natürlich
recht, dass man endvergorenes (oder fast endvergorenes) Bier nicht länger
als nötig auf der Hefe und dem restlichen Sediment (Trub) sitzen lässt.

Wie glaubst Du denn, werden Reinzuchthefen in entsprechenden Labors (von
Hefeherstellern aber auch größeren Brauereien) hergeführt? Herführen heißt
doch nichts anderes als schrittweise Vermehrung. Man fängt mit kleinen
Mengen Würze und Hefe an und gibt frische Nahrung zu. Später -bei der
Ernte -  wird die Hefe dann "gewaschen" um eben die Spreu vom Weizen zu
trennen. Selbst diesen Schritt könnte man zuhause vornehmen, wie die
entsprechenden Instruktionen von Wyeast zeigen.

> Wer einmal bei einer Führung am Althefetank einer Brauerei gerochen hat,
kann meine Vorsicht aber vielleicht verstehen. Ich gebe Gregor natürlich
recht bei
> der Aussage, dass der FAN von der Hefe wieder aufgenommen wird (aber nur
solange sie sich vermehrt, sonst würde die Diacetylkonzentration keinen so
> deutlichen Peak in der Konzentration aufweisen). Für Proteasen gilt das
jedoch nicht und die bekommt man nur durch Pasteurisation/KZE wieder aus dem
> Bier. Allerdings sollte das - und auch da kann ich Gregor verstehen - bei
einem sehr alkoholhaltigen Bier, dass er dann sicherlich auch nochmal 3 bis
12
> Monate (oder noch länger?) mit Hefe auf der Flasche lagert, in Punkto
Schaum und Hefearoma nichts ausmachen (Ziehst Du eigentlich eine neue Kultur
für
> die Flaschengärung auf, Gregor?).

Also erstens riecht meine Hefe (weder meine Anstellhefe, noch das Sediment
nach der Hauptgärung) nicht nach Autolyse, wie der Tank, von dem du
sprichst. ;-)Zweitens war am Schaum meines Tripels (nach 6 Monaten waren
allerdings alle Flaschen leer) überhaupt nichts auszusetzen. Ganz im
Gegenteil, war er sehr stabil und blieb sogar so schön am Glasrand kleben,
wie das eigentlich sein soll. Mit Schaum habe ich übrigens fast nie
Probleme. Auch bei hochprozentigen, länger gelagerten Bieren nicht.
Vielleicht liegt's an dem vielen Aroma-Hopfen, den ich in der Regel
verwende. Und drittens war mein Tripel extrem blank und wies kein Hefearoma
auf. Mein letztes Tripel habe ich nach der Hauptgärung vorsichtig in einen
neuen, sauberen, desinfizierten Gärbehälter mit Gärröhrchen geschlaucht
(eben um das Bier vom Sediment zu holen) und für 4 Wochen stehen lassen.
Danach habe ich erneut vorsichtig (Oxidationsgefahr) in meinen Abfülleimer
geschlaucht (eben um das Bier vom Sediment zu holen ;-) ) in den ich sterile
Glucose/Wasser Mischung vorgelegt hatte und habe in Flaschen abgefüllt. Die
Karbonisierung in den Flaschen hat zwar zwei, drei Wochen gedauert, verlief
aber problemlos, mit den paar Hefezellen, die noch in Schwebe waren. Auch
hatte ich auf diese Weise bemerkenswert wenig Sediment in den Flaschen.

> Nichtsdestotrotz (das berühmte "Aber", das die Diskussion am Gange hält)
ist die dicke Hefeschicht am Boden nicht mit der dickbreiigen Hefe zum
Anstellen
> aus der Brauerei zu vergleichen und _ich_ halte die bewusste Zugabe
geschwächter bzw. toter Zellen nicht für "state of the art" (u.a. wg. des
Aromas des
> Althefetanks bei der *****kölschbrauerei).
Was soll bitte schön der Unterschied sein? Beides enthält "ungewaschen" sehr
vitale, wenig vitale und tote Hefezellen) Im ZKG ist es leichter, Trub und
tote Hefezellen durch den Ablasshahn zu entfernen als im Erlenmeyer. Fakt
bleibt aber, dass auch im Erlenmeyer jede Menge vitaler, "satter"  Zellen
mit frischen Energiereserven im Sediment liegen. Diese Energiereserven
brauchen die Zellen natürlich umsomehr auf, je länger sie ohne Nahrung
bleiben. Aber wenn man innerhalb einiger Tage damit anstellt, sehe ich nicht
wirklich wo das Problem sein soll.

> Noch eine Frage, Gregor: Warum verwendest Du ungehopftes Dünnbier zum
Herführen? Gerade in der Anfangsphase kann ein wenig antimikrobielle Wirkung
> von Seiten des Hopfens sicher nicht schaden. Oder nur der Einfachheit
halber (aus Malzextrakt)?

Malzextrakt und ein Hopfenpellet auf 500 ml Würze. Mehr Hopfen gebe ich
nicht zu; zuviel behindert das Hefewachstum angeblich.

> P.S.: Läßt Phil eigentlich die Hüllen fallen, wenn er viel Trapistenbier
getrunken hat? Drink naked, quasi?

Natürlich, wo denkst Du hin! Ausserdem: Wenn Phil zu Besuch kommt, trinken
wir solange bis wir ein ganzes Nudistencamp visualisieren können :-)

Beste Grüße, hoffentlich langweilen wir hier nicht den Rest der geneigten
Mitglieder. Wenn doch, könnt Ihr uns das ja wissen lassen, dann
"diskutieren" Marcus und ich per E-mail weiter ;-)

Gud Sud und Tschüss

Gregor