[HBF] Ale-Schaum vs. Schaum-Ale
Gregor Zellmann
gregor at blinx.de
Die Feb 19 15:15:47 CET 2002
Hallo Marcus.
liebe Braugemeinde,
> >Ich bin von diesem Wert leider Längen entfernt: Ab 1,4 bar (bei einer
> >Biertemperatur von 4° C) gibt's mehr Schaum als Bier im Glas und das
Zapfen
> >eines Glases dauert 10 Minuten. Das bedeutet, daß meine Biere eigentlich
> >unterkarbonisiert serviert werden, was bei englischen Ales ja auch
durchaus
> >stilgerecht sein mag, aber bei einem untergärigen Pilsner oder Export und
> >natürlich auch bei einem Weißbier ist das schon sehr wenig.
>
> Hallo Gregor,
> das ist der 7 Minuten-Pils-Effekt: Du hast viel Druck im Fass und nachher
wenig Blubber im Glas!
> Ich denke, Du musst den Druck erhöhen!
Das denke ich auch. Und zwar nur beim Zapfen. Wenn ich gezapft habe, muß ich
aber doch wieder runterregeln auf den Spundungsdruck von 0,8 bar, oder?
Sonst löst sich ja mehr Kohlensäure im Bier, als ich eigentlich will.
Umständlich, aber vielleicht ist das die Lösung.
Ich werde aber auch Huberts Vorschlag nochmal probieren, bei 0,8 bar bei
4°C, also dem Spundungsdruck zu zapfen. Vielleicht funktioniert das auch.
Probiert hatte ich das allerdings auch schon mal, als ich meine
Kegs/Zapfanlage gerade neu hatte. Da hatte ich auch ein Schaumproblem und
dadurch schales Bier, das ich dann zum Ausgleich eben durch höheren Druck
höher karbonisieren wollte. Wie Hubert richtig schrieb, ein Teufelskreis.
> die drei Parameter sind soweit fast ausreichend, es kommt aber noch der
Spundungsdruck bei der Nachgärung und damit die gelöste Menge CO2 als
wichtiger Parameter hinzu.
> Der Druck über der Flüssigkeit wird aus zwei Gründen benötigt:
> a) Als Gegendruck, um die gelöste Kohlensäure am ausgasen zu hindern und
> b) als Förderdruck.
Das ist mir klar
>
> Der Förderdruck für den Höhenunterschied ist bei Dir wegen des
Unterbau-Kühlschranks eher vernachlässigbar (Faustregel 0,1 bar / m
Höhenunterschied), da ist auch der Kompensatorhahn
> genau richtig. Allerdings muss das Bier bis zum Kompensator absolut
schaumfrei laufen, weil sich die Bläschen als Blasenkeim im schmalen Spalt
festsetzen und dann kannst Du dirket mit der
> Schaumtaste (nach hinten) zapfen.
>
> Punkt a) ist auch interessant: mit 1,4 bar hälst Du bei 4 °C (Ale, so
kalt? American Style, oder?) zwischen 6 und 7 gCO2/l Bier in Lösung, das
entspricht ja fast einem Weißbier.
Moment mal, Ales zapfe ich NICHT bei 4° C! Ich bin doch kein Banause! Nix
American Style!!! Um das stilecht durchzuziehen, müsste ich ja auch noch die
Gläser vorm Zapfen aus der Tiefkühltruhe holen. LOL. Aber ein Pils schmeckt
mir bei 4-5° eigentlich am Besten. Es wärmt sich ja sowieso noch ein bißchen
im Glas auf. Auf Ex trinke ich eigentlich schon lange nicht mehr :-)
>
> >An Druck und Temperatur will man ja eigentlich nichts ändern: Für eine
> >bestimmte, typengerechte Karbonisierung braucht man nun mal einen
> >bestimmten Druck. Beim Zapfen kann man den Druck auch nicht dauerhaft
> >niedriger setzen, da sonst die im Bier gelöste Kohlensäure ausperlt und
das
> >Bier schal wird, da der Druck im Keg wie auch sonst immer ein
Gleichgewicht
> >sucht:
>
> Das ist der eine Effekt, gegenteilig kann das Bier aber auch
aufkarbonisieren, wenn Du es nicht in einem Zug leertrinkst, nämlich um die
CO2-Menge, die Du für die Leitungsverluste zusätzlich
> in den Kopfraum geben musst. Das hat den Effekt, dass Du beim nächsten Mal
noch mehr Druck brauchst um ein Schäumen zu verhindern.
Genau das habe ich ja auch festgestellt.
>
> > Entspricht also die im Bier gelöste Kohlensäure z.B. einem Druck von
> >2 bar und der applizierte Druck vom Druckminderer der CO2-Flasche beträgt
> >nur 1 bar, wird solange gelöste Kohlensäure aus dem Bier ausperlen, bis
ein
> >Gleichgewicht von 1,5 bar [(2 bar + 1 bar)/2 =1,5 bar] erreicht wird.
>
> Nicht ganz, das hängt auch vom Volumen des Kopfraumes ab! (irgendwas
nRT=pV, oder so!)
Das stimmt. Mir ging es hier aber nur darum zu zeigen, daß sich irgendwann
ein Gleichgewicht zwischen dem Druck im Kopfraum und dem Druck der im Bier
gelösten Kohlensäure einstellt.
>
> >Ich habe in amerikanischen HB-Foren gelesen, daß Durchmesser und Länge
des
> >Bierschlauchs eigentlich die einzigen Faktoren sind, die man ändern kann,
> >ohne Karbonisierung zu verlieren.
>
> Und die Form (Spiral-Wicklung führt zu Druckverlust -> Druck sinkt ->
Bläschen entstehen und bilden Blasenkeime) bzw. Verlegung (in Bögen sammelt
sich CO2 als Gas, das mitgerissen wird ->
> Effekt wie vorne). Die Schlauchlänge und der Durchmesser beeinflussen jden
Druckverlust und das macht der Kompensator ja auch, aber halt regelbar.
Sollte ich also meine Bierleitung (Schlauch) kürzen um Spiralen zu
vermeiden?
>
> >Mein Zapfhahn ist übrigens ein Kompensator Modell, bei dem man durch das
> >nach vorne Kippen des Hebels zapft. Der regelbare Kompensator steuert die
> >Durchflußgeschwindigkeit des Biers bzw. in meinem Fall des Schaums ;-)
>
> Und den Druckverlust im Hahn. Vielleicht musst Du zu Beginn auch mal ein
wenig mehr Gummi (von 'oben' einstellen) geben, bis das Bier blankt läuft.
Bei mir erwärmt es sich im Schlauch in
> den Schankpausen, so dass nachher immer mal ein Kölschglas voll Schaum
kommt und dann ist alles gut.
Werde ich mal probieren.
>
> >Mein Schlauch aus recht hartem, nicht ganz durchsichtigem Plastik (von
> >Novanorm) ist ca 1,5 Meter lang und hat den Standard-Durchmesser von 7 mm
> >(innen? soweit ich weiß). Wie lange sind denn Eure Schläuche? Wie hoch
könnt
> >Ihr den mit Euren Systemen karbonisieren/zapfen? Ein Profibrauer hat mir
> >neulich erzählt, er würde sein Pils zuhause mit einem Fassdruck von 1,7
bar
> >zapfen/karbonisieren. Sein Schlauch sei nur 50 cm lang. Wieso klappt das
bei
> >ihm und nicht bei mir? Mir ist das immer noch rätselhaft.
>
> Im 7mm-Schlauch hast Du eine höhere Rohreibung und daher
(Gegen-)Druckverlust, der muss durch den Kopfraumdruck ausgeglichen werden!
Als Faustregel gilt für den Druckverlust: 0,5 bar
> pro 10 m Leitung und gerader Leitung, was bei Dir allerdings nur 0,075 bar
ausmachen würde, aber vielleicht reicht das schon mit der Erwärmung und dem
ein oder anderen Bogen ja aus..
> Weissbier wird nur mit ziemlichem Aufwand (Hahn- und
Leitungsbegleitkühlung usw.) gezapft und Dein Ale hat ja ähnlich viel
Kohlensäure.
Nochmal: Wenn ich meine englischen Ales in Flaschen karbonisiere (Speise
oder Glucose) dann stilgerecht je nach Sorte auf maximal 4-4,5g CO2/Liter.
Die höhere Karbonisierung in den Kegs kommt nicht durch meinen Wunsch
zustande, überkarbonisierte Biere zu trinken, sondern lediglich die
exzessive Schaumentwicklung zu bekämpfen. Streue hier bitte nicht nochmal
Salz in meine wunde Brauerseele :-)!
>
> Bei meinem letzten Bier (im Keller bei 10 °C und 1,5 bar gelagert -> 5 bis
6 g/l) habe ich, weil ich keine Kühlung und die ganz dünne AFG-Leitung (4mm)
hatte fast 2,5 bar auf das Fass setzen
> müssen, bis das Schäumen aufgehört hat.
> Das unterstützt meine Vermutung, das Du mit mehr Druck und einem variablen
Kompensatorhahn, mehr Erfolg haben wirst.
>
Ich werde, wie gesagt, die von Dir und Hubert gemachten Vorschläge
ausprobieren und auch meinen Getränkeschlauch kürzen. Bericht über meine
Erfolge folgt in Kürze.
Danke für die ausführlichen Antworten
Gut Sud
Gregor