[HBF] Ale-Schaum vs. Schaum-Ale
marcus.schmitz at web.de
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Mon Feb 18 20:43:59 CET 2002
Gregor hat geschrieben:
>Ich bin von diesem Wert leider Längen entfernt: Ab 1,4 bar (bei einer
>Biertemperatur von 4° C) gibt's mehr Schaum als Bier im Glas und das Zapfen
>eines Glases dauert 10 Minuten. Das bedeutet, daß meine Biere eigentlich
>unterkarbonisiert serviert werden, was bei englischen Ales ja auch durchaus
>stilgerecht sein mag, aber bei einem untergärigen Pilsner oder Export und
>natürlich auch bei einem Weißbier ist das schon sehr wenig.
Hallo Gregor,
das ist der 7 Minuten-Pils-Effekt: Du hast viel Druck im Fass und nachher wenig Blubber im Glas!
Ich denke, Du musst den Druck erhöhen!
>Mir fallen eigentlich nur 3 Parameter ein, die Einfluß darauf haben:
>
>- der Druck, den ich am Druckminderer der CO2-Flasche einstelle
>- die Biertemperatur
>- Länge und Durchmesser des Schlauchs zwischen Keg und Bierhahn.
>(- und eventuell der Höhenunterschied zwischen dem Flüssigkeitsstand im Fass
>und dem Zapfhahn)
die drei Parameter sind soweit fast ausreichend, es kommt aber noch der Spundungsdruck bei der Nachgärung und damit die gelöste Menge CO2 als wichtiger Parameter hinzu.
Der Druck über der Flüssigkeit wird aus zwei Gründen benötigt:
a) Als Gegendruck, um die gelöste Kohlensäure am ausgasen zu hindern und
b) als Förderdruck.
Der Förderdruck für den Höhenunterschied ist bei Dir wegen des Unterbau-Kühlschranks eher vernachlässigbar (Faustregel 0,1 bar / m Höhenunterschied), da ist auch der Kompensatorhahn
genau richtig. Allerdings muss das Bier bis zum Kompensator absolut schaumfrei laufen, weil sich die Bläschen als Blasenkeim im schmalen Spalt festsetzen und dann kannst Du dirket mit der
Schaumtaste (nach hinten) zapfen.
Punkt a) ist auch interessant: mit 1,4 bar hälst Du bei 4 °C (Ale, so kalt? American Style, oder?) zwischen 6 und 7 gCO2/l Bier in Lösung, das entspricht ja fast einem Weißbier.
>An Druck und Temperatur will man ja eigentlich nichts ändern: Für eine
>bestimmte, typengerechte Karbonisierung braucht man nun mal einen
>bestimmten Druck. Beim Zapfen kann man den Druck auch nicht dauerhaft
>niedriger setzen, da sonst die im Bier gelöste Kohlensäure ausperlt und das
>Bier schal wird, da der Druck im Keg wie auch sonst immer ein Gleichgewicht
>sucht:
Das ist der eine Effekt, gegenteilig kann das Bier aber auch aufkarbonisieren, wenn Du es nicht in einem Zug leertrinkst, nämlich um die CO2-Menge, die Du für die Leitungsverluste zusätzlich
in den Kopfraum geben musst. Das hat den Effekt, dass Du beim nächsten Mal noch mehr Druck brauchst um ein Schäumen zu verhindern.
> Entspricht also die im Bier gelöste Kohlensäure z.B. einem Druck von
>2 bar und der applizierte Druck vom Druckminderer der CO2-Flasche beträgt
>nur 1 bar, wird solange gelöste Kohlensäure aus dem Bier ausperlen, bis ein
>Gleichgewicht von 1,5 bar [(2 bar + 1 bar)/2 =1,5 bar] erreicht wird.
Nicht ganz, das hängt auch vom Volumen des Kopfraumes ab! (irgendwas nRT=pV, oder so!)
>Ich habe in amerikanischen HB-Foren gelesen, daß Durchmesser und Länge des
>Bierschlauchs eigentlich die einzigen Faktoren sind, die man ändern kann,
>ohne Karbonisierung zu verlieren.
Und die Form (Spiral-Wicklung führt zu Druckverlust -> Druck sinkt -> Bläschen entstehen und bilden Blasenkeime) bzw. Verlegung (in Bögen sammelt sich CO2 als Gas, das mitgerissen wird ->
Effekt wie vorne). Die Schlauchlänge und der Durchmesser beeinflussen jden Druckverlust und das macht der Kompensator ja auch, aber halt regelbar.
>Mein Zapfhahn ist übrigens ein Kompensator Modell, bei dem man durch das
>nach vorne Kippen des Hebels zapft. Der regelbare Kompensator steuert die
>Durchflußgeschwindigkeit des Biers bzw. in meinem Fall des Schaums ;-)
Und den Druckverlust im Hahn. Vielleicht musst Du zu Beginn auch mal ein wenig mehr Gummi (von 'oben' einstellen) geben, bis das Bier blankt läuft. Bei mir erwärmt es sich im Schlauch in
den Schankpausen, so dass nachher immer mal ein Kölschglas voll Schaum kommt und dann ist alles gut.
>Mein Schlauch aus recht hartem, nicht ganz durchsichtigem Plastik (von
>Novanorm) ist ca 1,5 Meter lang und hat den Standard-Durchmesser von 7 mm
>(innen? soweit ich weiß). Wie lange sind denn Eure Schläuche? Wie hoch könnt
>Ihr den mit Euren Systemen karbonisieren/zapfen? Ein Profibrauer hat mir
>neulich erzählt, er würde sein Pils zuhause mit einem Fassdruck von 1,7 bar
>zapfen/karbonisieren. Sein Schlauch sei nur 50 cm lang. Wieso klappt das bei
>ihm und nicht bei mir? Mir ist das immer noch rätselhaft.
Im 7mm-Schlauch hast Du eine höhere Rohreibung und daher (Gegen-)Druckverlust, der muss durch den Kopfraumdruck ausgeglichen werden! Als Faustregel gilt für den Druckverlust: 0,5 bar
pro 10 m Leitung und gerader Leitung, was bei Dir allerdings nur 0,075 bar ausmachen würde, aber vielleicht reicht das schon mit der Erwärmung und dem ein oder anderen Bogen ja aus..
Weissbier wird nur mit ziemlichem Aufwand (Hahn- und Leitungsbegleitkühlung usw.) gezapft und Dein Ale hat ja ähnlich viel Kohlensäure.
Bei meinem letzten Bier (im Keller bei 10 °C und 1,5 bar gelagert -> 5 bis 6 g/l) habe ich, weil ich keine Kühlung und die ganz dünne AFG-Leitung (4mm) hatte fast 2,5 bar auf das Fass setzen
müssen, bis das Schäumen aufgehört hat.
Das unterstützt meine Vermutung, das Du mit mehr Druck und einem variablen Kompensatorhahn, mehr Erfolg haben wirst.
Beste Grüße
Marcus