[HBF] Kräusen, die letzte

Reinhold Barta reinibert at yahoo.com
Don Aug 16 22:58:17 CEST 2001


Lieber Gregor!

Weder die Brauliteratur ist für mich heilig, noch Weihenstephan.
Aber es gibt einfach gewisse Dinge, die in Weihenstephan untersucht wurden,
ja schon die letzten zig Jahrzehnte und das hat auch seinen Grund;
Versuch dir mal vorzustellen, warum man Jahrhunderte lang die Kräusen
abgeschöpft hat ?
Na? Nicht weil der Brauer nix zu tun hatte, sondern weil die Brauer aus
Erfahrung wussten, dass das gut ist so. Genauso, wie man das
Dekoktionsverfahren ja nicht erfunden hat, weils an sich so gut ist, sondern
weil man keine Thermometer zu der Zeit hatte, und die Brauer wussten, wenn
sie z.B. 25% der Gesamtmaische kochen und dann zurückschütten, so ergibt das
eine "Hitze", die optimales, gutes, bessers, was auch immer Bier gibt.
"Zufällig" hat man dabei die 3 wichtigen Rasten bei ca. 50°C, 62°C und 72°C
"erfunden". Und nicht ein Professor in Weihenstephan hat das so angeordnet,
denn da gab es die TU München wahrscheinlich noch gar nicht. Nur die haben
es dann weiter erforscht.
Und so stellt sich das auch mit den Kräusen dar.
Noch zu den ZKT's: heutzutage ist die Läutertechnik (+ gesamte
Sudhaustechnik) und ggf. auch die Flotationstechnik so ausgereift, dass es
nun nicht mehr unbedingt notwendig ist, die Kräusen zu entfernen, da schon
sehr viel Heiss- und vor allem Kühltrub entfernt wurde.

Aber anyway, das ist bei einer Grossbrauerei so, hier sind wir Hausbrauer.
Und ich geb dir recht, wenns dir ohne abschöpfen besser schmeckt, so ist das
auch gut.
Nur über Geschmäcker lässt sich auch streiten. (welcher Geschmack ist das ?)
Ich war letztes Wochenende in einem neuen Brewpub in Wien.
Ich hab da am Nachmittag alle 5 Sorten der Selbstgebrauten gekostet.
Ich war sehr enttäuscht, zumal die Anlage nicht schlecht zu sein scheint.
Ich möchte hier jetzt keinen beleidigen, nur alle 5 Biere hatten aber
dermassige Geschmacksfehler, dass mir fast übel wurde. Wenn jemand auf sowas
steht und sich einreden lässt, dass ist jetzt "gutes", selbstgebrautes,
anderschmeckendes Bier, dann kann mir das gestohlen bleiben.
Man kann auch "anders" schmeckende Biere ohne Geruchs und Geschmacksfehler
als Hausbrauer brauen.

zur Statistik:
das grosse Problem bei solchen parallelversuchen (und der Statistik) ist
immer die Gleichartigkeit und Wiederholbarkeit.
Aber wenn 25 v. 30 Heimbrauern sagen, dass es besser ist, die Kräusen NICHT
abzuschöpfen, so hat das "für mich" noch immer Stellenwert null. Denn dass
jemand Hausbrauer ist und - oft auch sehr gutes - Bier machen kann ist
unbestritten. Nur ich habe schon so viel Leute, die "wirkliche" Brauer (auch
studierte) kennenglernt, die Bier nicht entsprechend verkosten konnten. Das
ist etwas, das man lernen muss, konzentriert und mit der Zeit. Ich kann ein
gutes Buch empfehlen: Schulters, Knab: "Bierologie" "Eine Einführung in die
Geschmackswelt des Bieres für Kenner und solche, die es werden wollen",
ersch. im Fachverlag Hans Carl, Nürnberg 1999.

Anyway, ich bin bis Ende Sept. noch in Salzburg tätig (v. 5.9. - 10.9.
allerdings nicht hier) und wenn du nach Kärnten fährst, dann läut einfach
vorbei.

Ich hoffe, ich bin dir mit der vorigen mail nicht zusehr auf den Schlips
getreten!
liebe Grüße,,,

reini










_________________________________________________________
Do You Yahoo!?
Get your free @yahoo.com address at http://mail.yahoo.com