[HBF] Hopocalypse NOW!

Hubert Hanghofer hubert at netbeer.org
Mi Okt 13 17:33:15 CEST 2010


 Werte Braugemeinde,

...das ist mir jetzt aber sehr peinlich! Ich bemühe mich, auch in
stressigen Zeiten wichtige Mails innerhalb einer Woche zu beantworten
und dann erfahre ich letzte Woche bei der European Beerstar Verkostung,
dass es da eine unbeantwortete Anfrage in meinem HBF gäbe bezüglich
einer neuen Hopfungsmethode. Wie sich herausstellte, habe ich mich
selbst überlistet und meinen Mailfilter so optimiert, dass die HBF-Mails
gleich im Archiv landen und nicht im Mailinglisten Posteingang... Sorry!

Als neue Hopfungsmethode meinte ich eine von mir als "Terpenrast"
bezeichnete Kochpause nach der Hopfengabe, mit der ich mich seit einem
Jahr beschäftige. Dabei handelt es sich um eine logische
Weiterentwicklung der Vorderwürzehopfung (VWH) ohne jeden chemischen
Aufwand ;-) aber basierend auf dem selben Chemismus.

Der Hopfen wird wie bei der normalen Bitterhopfung erst NACH dem
Würzebruch gegeben - also 10-15 Minuten nach Kochbeginn. Allerdings wird
vorher die Heizung ausgeschaltet. Sobald die Würze aufhört zu kochen,
erfolgt die Hopfengabe. Mit dem erneuten Anheizen wird solange gewartet,
dass die Gesamtzeit der Kochpause etwa 15 Minuten beträgt (hängt also
von der Heizleistung ab).

Während der Terpenrast werden - ähnlich der VWH - die Hopfenöle z.T. in
lösliche Reaktionsprodukte umgewandelt und sind dann -einmal in Lösung
gebracht- nicht mehr wasserdampfflüchtig, überdauern also bis ins
fertige Bier und können dort einen hopfenaromatischen Geschmack entfalten.

Die Vorteile gegenüber der VWH sehe ich in
1.) der höheren Reaktionstemperatur.
2.) Die Malzgerbstoffe können bis zum Würzebruch abreagieren, was nach
W. Kunze zu einer besseren Klärung mit erhöhter kolloidaler Stabilität
führt (weniger Eintrübungen beim Kühlen des Bieres). Das kann auch im
handwerklichen Bereich wünschenswert sein - z.B. für unfiltrierte, aber
weitgehend naturgeklärte Pilsbiere.
3.) Die Bitterstoffe des Hopfens werden so wie die Aromastoffe optimal
ausgenutzt.

Der Nachteil liegt in der Fixierung möglicherweise unerwünschter Aroma-
und Geschmackskomponenten. Eine Kochpause mit längeren Heißhaltezeiten
ist durchaus nichts Neues - ich kenne einige bayerische Brauereien, die
das aus Energiespargründen tun und habe auch von Problemen mit einem
derberen Hopfencharakter erfahren. Dabei wurde der Bitterhopfen Magnum
verwendet.

So wie bei der VWH sollte man also ausschließlich Edelhopfen verwenden.
Ich habe in meinen Versuchen mit Spalt Select gehopft, weil ich den
nussigen Geschmack, den dieses grüne Gold entfalten kann, sehr mag und
daher optimieren wollte. Das Resultat war ein so einfaches Rezept, dass
es sogar meine Präsidentin brauen kann ;-) und wir haben damit bei den
Staatsmeisterschaften mit Publikumswertung in Pöllau den zweiten Platz
in der Spezialbierkategorie erreicht - trotz 40+ IBU.

Rezept President Pale Ale:
http://www.bierig.org/magazin/Magazin31.pdf
(Seite 26-27 = Doppelseite 14 in der PDF Datei)

Details zu den brauchemischen Grundlagen:
http://www.bierig.org/magazin/Magazin27.pdf
(Seite 16-17)

Die Leseproben sind nur mehr beschränkte Zeit online. Bitte respektiert
das Copyright meines Vereins. Ich werde ggf. (und so es meine Zeit
erlaubt) meine Texte auf netbeer.org übertragen.

Allzeit gut Sud!
Hubert Hanghofer


Am 2010-09-02 10:36, schrieb Marcus Schmitz:
> Hallo wertes Braukollegium,
>
> lasst mich mal raten: Der Hubert ist doch Chemiker. Und Salzburg ist
> nicht weit weg. Vielleicht hat er die Rektifikationsmethode von dem
> Hertel vom MAK für die Kleinbrauerei adaptiert:
>
> http://www.hertel.cc/content/produkte/rektifikationskochsystem/index.php?
>
> Sowas ähnliches gab es übrigens schon bei einem anderen brauenden
> Chemiker namens Hermbstädt, allerdings schon vor mehr als 150 Jahren.
>
> Mal sehen, also Hubert, raus mit der Sprache, was machst Du!?
>
> Beste Grüße
>
> Marcus
>
> Am Donnerstag, den 02.09.2010, 07:23 +0200 schrieb Tobias Kandler:
>> Hallo Hubert,
>>
>> Du schreibst: ... ein Bier, das mit einer neuen Hopfungsmethode gebraut
>> wurde...
>>
>> Um welche Methode handelt es sich denn ? Vielleicht mal ein Anstoß zu einer
>> neuen Diskussion.
>>
>> Ich verwende meinen Hopfen grün tiefgefroren und habe über den ehemaligen
>> Leiter der Hopfenforschung in der DDR erfahren, dass man kurz vor der Wende
>> an einem größeren Projekt für einen derartigen Einsatz arbeitete. Es kam
>> allerdings nie zur Fertigstellung.
>>
>> Gruß
>>
>>
>> Tobias
>>
>> -----Ursprüngliche Nachricht-----
>> Von: hbf-bounces at lists.netbeer.org [mailto:hbf-bounces at lists.netbeer.org] Im
>> Auftrag von Hubert Hanghofer
>> Gesendet: Samstag, 28. August 2010 00:22
>> An: Hausbrauerforum: deutschsprachige Liste für Haus- und Hobbybrauer
>> Betreff: Re: [HBF] Hopocalypse NOW!
>>
>> Sorry,
>> Details habe ich vergessen: http://www.BierIG.org
>>
>> Cheers
>> Hubert
>>
>> Am 27.08.2010 23:42, schrieb Hubert Hanghofer:
>>> Werte Braugemeinde,
>>>
>>> nächste Woche ist es wieder soweit! Zum 8. Mal jährt sich das Festival
>>> der Biervielfalt in Salzburg. Seit Jahren bin ich mit meiner Frau im
>>> Management Team des Organisationskomitees tätig und würde mich freuen,
>>> Euch persönlich am Stand des Hausbrauerforums (1-3) begrüssen zu dürfen.
>>> Dort geht es vor Allem um die Themen Hopfen und Hopfensensorik. Ich
>>> werde neben einigen der weltbesten India Pale Ales auch unser "President
>>> Pale Ale" präsentieren - ein Bier, das mit einer neuen Hopfungsmethode
>>> gebraut wurde.
>>>
>>> Allzeit gut Sud!
>>> Hubert Hanghofer
>>>
>>>



Mehr Informationen über die Mailingliste HBF