[HBF] Wasseraufbereitung

Hubert Hanghofer hhanghof at netbeer.co.at
Sam Jan 6 15:49:37 CET 2001


Liebe Braugemeinde,

Christian hat einige Fragen bezüglich Wasseraufbereitung:
> Aus (kosten-)technischen Gruenden moechte ich Verfahren wie Aufsalzen mit
> Calziumsulfat und Calziumchlorid sowie Abkochen des Brauwassers vermeiden.
> Sauermalz ist fuer uns auch nicht immer leicht zu bekommen.

?
Das mag für Österreich oder die Schweiz zutreffen. Brewtopolis (Belgien) und 
die meisten Bedarfshändler bzw. Mälzereien in Deutschland führen Sauermalz.

> Um das Brauwasser fuer Pils aufzubereiten denke ich nun an folgende Methode
> (die Puristen unter den Anhaengern des Reinheitsgebotes bitte NICHT
> weiterlesen!):
>
> Laut Hubert's Buch kann diese RA von 6.1 Grad dH durch die Gabe von etwa
> 20ml 80%iger Milchsaeure pro Hektoliter Wasser ausgeglichen werden.

Zunächst einmal möchte ich feststellen, daß wir uns durch Milchsäuregaben von 
der heutzutage praktizierten Umsetzung des Reinheitsgebotes nicht allzu weit 
entfernen, denn auch im Rahmen des Reinheitsgebotes wird mit Milchsäure 
gesäuert! Der Unterschied liegt darin, daß nach dem Reinheitsgebot diese 
Milchsäure nur aus Bierwürze gewonnen werden darf. 
Dazu wird Würze mit auf dem Malz vorkommenden Lactobazillen angeimpft und bei 
etwa 45°C (selektiv für die thermophilen Lactos) in zylindrokonischen Tanks 
fermentiert. Die auf diesem Wege biologisch gesäuerte Würze wird meist als 
"Sauergut" bezeichnet.

> Daraus ergeben sich fuer mich ein paar Fragen:
> 1. Wie und wann wird die Milchsaeure zugegeben? (Einfach eingerührt? Bei
>    einer bestimten Temperatur?)

So wie Sauermalz gleich beim Einmaischen -- ggf. auch in den Hauptguß, falls 
Du Dir bezüglich der RA nicht sicher bist und Du daher den pH kontrollieren 
möchtest.
Zu letzterem möchte ich anmerken, daß der pH eines carbonatharten Wassers bei 
berechneter / kontrollierter (Milch)säuregabe nicht unbedingt in den sauren 
Bereich abfällt! Die Säure wird durch die Hydrogencarbonate gebunden, dabei 
entsteht Kohlensäure, die zum Großteil als CO2-Gas entweicht. Dadurch kommt 
es nach Säurezugabe zwar anfänglich zu einem pH-Abfall, dieser steigt jedoch 
durch die Reaktion rasch wieder gegen 7 an. Erst wenn die gesamte 
Carbonathärte sozusagen aufgebraucht ist, kann es zu einem permanenten 
pH-Abfall kommen.

Vereinfacht können wir uns das Ziel der Säuregabe beim Maischen so 
vorstellen: Wir schwächen die säurevernichtende Wirkung der Carbonathärte des 
Brauwassers soweit ab, daß sich beim Maischen ein optimaler pH Abfall auf 
etwa 5.2-5.5 einstellen kann.

> 2. Muss neben dem Hauptguss und Nachguss auch das Verduennungswasswer mit
>    Milchsaeure behandelt werden?

Ich koche das Verdünnungswasser am Tag vor dem Brauen ab und fülle es heiß in 
einen Kanister. Die Carbonathärte fällt dabei aus und sedimentiert. Eine 
Säuerung des Verdünnungswassers ist aus meiner Sicht nicht erforderlich. Beim 
Nachguß ist eine Säuerung deshalb günstig, weil dadurch ein Auslaugen 
unerwünschter Gerbstoffe aus den Spelzen vermieden wird. Beim Verdünnen ist 
das kein Thema. Wenn man -was ich nicht empfehle- mit nicht abgekochtem 
Leitungswasser verdünnt, könnte eine sehr hohe Carbonathärte allerdings den 
gewünschten starken pH-Abfall zu Gärbeginn behindern.

>  (Was ist, wenn ich das Verduennungswasser
>    erst NACH der Hauptgaerung zum Bier gebe?)

Abkochen, kühlen, Sediment abtrennen.

Verdünnen erst NACH Gärung ist zwar die industrielle Praxis des High-Gravity 
brewing und auch eine für Hausbrauer verlockende Methode, die Biermengen zu 
maximieren. Dennoch rate ich ab, die Bierqualität kann stark leiden. Bei 
höheren Stammwürzen über etwa 14°P bildet Hefe unverhältnismäßig mehr 
Fuselalkohole und Ester. Ein derartiges Bier kann schon nach Genuß weniger 
Liter ;-) ärgste Kopfschmerzen verursachen.

> 3. In Hubert's Buch ist die Rede von "biologischer Milchsaeure". Gibt es
>    denn auch eine "nicht biologische Milchsaeure"? (Wo liegt der
>    Unterschied?)

Meines Wissens wird Milchsäure überwiegend durch Fermentation 
(=BIO-technologisch) zuckerhältiger Substrate gewonnen und dann durch 
Destillation aufgereinigt.

> 4. Gibt es irgendwelche gröberen Probleme die bei dieser Methode auftauchen
>
>    koennen?

Natürlich nicht!!!

Allzeit gut Sud!
Hubert